Die Speyside

Das Zentrum des schottischen Whiskys – Die Speyside

Die Speyside kann wahrlich als Herzstück des schottischen Whiskys gelten. Nirgends auf der Welt findet sich so geballt eine solch große Anzahl an Destillerien, die sich ganz dem schottischen Nationalgetränk verschrieben haben. Und nirgends findet sich eine solch große Anzahl an namhaften Brennereien, die zum Großteil auch Nichtkennern ein Begriff sind. Man erwähne hier nur Glenfiddich, Aberlour, Cardhu, Singleton und Cragganmore. Nur um einige Zahlen zu nennen: heute spricht man von ca. 90 bis 100 aktiven schottischen Brennereien. Mit ungefähr 50 Destillerien beherbergt die Speyside damit mindestens die Hälfte aller Whisky-Brennereien!

Gerade für Neulinge ist das schier unüberschaubare Angebot an Whisky eine Herausforderung. Ebenso für diejenigen, die Kennern eine Freude bereiten möchten. Denn oftmals beginnen die Schwierigkeiten bereits beim Namen, wenn man sich die Frage stellt, ob man Whisky nun mit oder ohne E schreibt. Oder: Was ist der Unterschied zwischen Bourbon, Rye sowie Grain Whisky? Schmeckt ein Blended Whisky deutlich anders als ein Single Malt? All diese Fragen stellen sich Anfängern und auch diejenigen, die bereits den einen oder anderen Schluck der köstlichen Gerstenspirituose zu sich genommen haben, brauchen zuweilen noch Rat. So sollen die folgenden Zeilen etwas Licht in das Dunkel bringen und Aufschluss geben über die geschichtlichen Hintergründe des Whiskys und insbesondere Antwort auf die Frage geben, was einen Speyside Whisky so besonders macht.

 

Was ist ein Scotch?

Um zu klären, was Speyside Whiskys von ihren unmittelbaren Nachbarn absetzt, sollte zunächst bestimmt werden, was ein Scotch Whisky ist. Dieser muss, so auch die rechtliche Grundlage, in Schottland gebrannt und gelagert werden und eine Fassreifung von mindestens drei Jahren hinter sich gebracht haben. Unterschieden wird dabei zwischen Malt, Grain und Blended Scotch. Während Blended Whiskys, so beispielsweise Johnnie Walker, aus einer Vermengung aus Malt und Grain Whisky entstehen, ist Grain Whisky eine Spirituose, die aus Getreide, meist Weizen, gewonnen wird und weniger pur getrunken wird. Er wird vor allem für Blended Scotchs geschaffen. Den weltweit größten Konsum nehmen aufgrund ihres allgemein eher milderen Auftretens Blended Whiskys ein. Heute schätzt man, dass etwa 95% des Verbrauchs von Scotch auf Blended Whisky fällt.

Interessant wird es für die meisten Whisky-Liebhaber meist erst, wenn es um Malts geht. Diese entstehen ausschließlich aus gemälzter Gerste, der Zusatz Single Malt verweist dabei darauf, dass der Malt aus einer einzigen Destillerie stammt. Von Bourbon (mindestens 51% Mais) über Rye (mindestens 51% Roggen) bis zu Malt geht es bei den Namensbezeichnungen also vor allem um das Getreide, das als Grundlage für das Destillat verwendet wird.

 

Scotch Whisky und seine umtriebige Geschichte

Die Anfänge

Es bedürfte eigentlich einer eigenen Studie, um zu klären, wie sehr die schottische Geschichte und Kultur mit dem beliebten Getreidedestillat verbunden ist. Fest steht jedoch auch für Laien, dass Schotten und Whisky zusammengehören wie die Franzosen und deren Champagner oder Bayern und ein kühles Bier. Nicht verwunderlich ist es deshalb, dass der Whisky-Konsum in Schottland bereits früh datiert werden kann. Der deutlich älteste Whisky ist der Malt, der das erste Mal in offiziellen Schriften des Jahres 1494 Erwähnung findet, der Phase des Spätmittelalters, als Humanismus und Renaissance auf dem Vormarsch waren. Ein schottischer Benediktinermönch hatte damals im Auftrag des schottischen Königs Malz in großen Mengenerworben, um das damals als aqua vitae (übersetzt Lebenswasser) bekannte Getränk destillieren zu können. Und in der Tat stammen die ersten etymologischen Bezeichnungen für Whisky aus dem gälischen Schottisch. Deren Uisge beatha wurde ins lateinische aqua vitae übersetzt und die Engländer formulierten das für sie fast unaussprechliche uisge Jahrhunderte später zu Whisky um.

Während also eine erste urkundliche Datierung ins 15. Jahrhundert fällt, geht man davon aus, dass die Anfänge des Whiskys deutlich früher angesetzt werden können. Während des Mittelalters schien Malt bereits eine feste Institution des schottischen Lebens darzustellen, sodass die Ursprünge des Whiskys in antiken Zeiten liegen müssen. Heutige Vermutungen sehen die Anfänge deshalb bei den christlichen Mönchen und Missionaren. Denn diese hatten zu spätantiken Zeiten nicht nur religiöses Wissen mit ins schottische Hügelland gebracht sondern auch praktische Erkenntnisse, die das alltägliche Leben erleichterten. Mit im Gepäck hatten sie dabei auch das Wissen um die Herstellung von Duftwässerchen und medizinischer Toniken. Der Schritt zum Brennen von Alkohol ist dabei nicht weit und auch die Fasslagerung bot sich an, um größere Mengen für spätere Genusserlebnisse unterbringen zu können. Clans um Clans brannten in den folgenden Jahrhunderten ihre eigenen Malts und gaben diesen mal mehr, mal weniger freiwillig spezifische Bouquets und Geschmäcker mit, die sich nach und nach zu unserem heute bekannten Single Malt wandelten. Allerdings weiß man heute, dass damalige Whiskys deutlich derber und heftiger waren als die heute so sorgfältig destillierten und gelagerten Single Malts. Massive Torfnoten aufgrund mangelnder Fasslagerung und fehlendes technisches Wissen bei der Destillation zeichneten Scotch Whisky damals zu einem Getränk aus, das nichts für schwache Gemüter war.

Steuerlasten und andere Schwierigkeiten

Whisky war seit jeher kein Getränk, das lediglich für edle Dinnerabende und die reiche Oberschicht vorgesehen war, sondern eines, das vor allem auch im häuslichen Bereich vorzufinden war. Von daher herrschte nicht nur eine zahlreiche Vielfalt an diversen Getreidespirituosen sondern auch keinerlei feste Regelung, was den Brenn- und Reifevorgang anbelangte. Trotz allem war uisge beatha beliebt in den nördlichen Landen und fester Bestandteil des schottischen Handels und alltäglichen Lebens. Von daher stellte es einen großen Einbruch dar, als 1644 die erste Alkoholsteuer von Seiten der Obrigkeiten eingeführt wurde. Whisky und dessen Produktion trieb es mehr und mehr in die Illegalität, was unweigerlich dazu führte, dass der unerlaubte Handel auch zum Zeichen des Widerstands gegen die Engländer avancierte. Teilweise blutige Auseinandersetzungen waren eine negative Folge, die das gespannte Verhältnis noch verschlechterten.

Legalisierung und technische Errungenschaften

Erst mit einer Steuerreform aus dem Jahr 1823 machte sich das legale Destillieren wieder lohnen und schottische Brennereien schossen in großer Zahl hervor. Auch die zeitgleiche Industrialisierung trug einen Großteil zur erfolgreichen Whiskyproduktion bei, denn technische Neuerungen wie das Patent Still Verfahren und die damit einhergehende Möglichkeit Blended Whisky herzustellen, schafften ganz neue Zweige der Whiskyherstellung und vereinfachten viele Schritte der Produktion.

Gerade mit der Einführung von Blended Whisky schaffte Scotch den Sprung in die große Welt und als mit der sogenannten Reblaus-Plage die Nachfrage nach Cognac nicht mehr gestillt werden konnte, hielt Scotch auch in nobleren Kreisen Einzug. In Amerika nahm schottischer Whisky zu Zeiten der Prohibition eine wichtige Rolle ein, als sich vor allem Schotten als Schmuggler betätigten und ihren Whisky über den Atlantik schafften. Ab den 30er Jahren zählte Scotch schließlich zu den gefragtesten Spirituosen überhaupt und auch wenn er ab den 70er Jahren seinen Thron mit klaren Schnäpsen wie Vodka und auch Rum zu teilen hatte, erfreuen sich Whisky und schottischer Scotch immer noch großer Beliebtheit. Vor allem Glenfiddich hatte die Gunst der Stunde genutzt und zu Zeiten der Prohibition, als alle Destillerien ihre Herstellung herunterfuhren, die Produktion noch angekurbelt. Als in den 30er Jahren die Nachfrage nach hochwertigem Single Malt sprunghaft mit Beendigung der Prohibition anstieg, konnte Glenfiddich der Nachfrage ohne weiteres nachkommen.

 

Die grünen Hügel und klaren Quellen der Speyside

Eine deutliche Sonderstellung nimmt die Region der Speyside innerhalb der Scotch Whiskys ein. Das erklärt sich bereits von selbst, betrachtet man die Anzahl der Destillerien in dieser Region im Vergleich zu allen anderen Whisky-Gebieten. Denn in der Tat unterteilt sich Schottland in fünf Whisky-Gebiete, um große regionale und geschmackliche Unterschiede in einem Kanon zusammenzufassen. Rund um die kleinen Speyside-Städtchen Dufftown, Elgin, Keith und Rothes tummeln sich rund 50 der insgesamt fast 100 aktiven Brennereien Schottlands.

Das offensichtlichste Merkmal ist der Fluss Spey selbst sowie seine umliegenden Quellen. So gut wie jede hochwertige Destillerie Schottlands besitzt Zugänge zu reinen Quellen oder nennt eine von ihnen sogar ihr Eigen, um Klarheit und Reinheit des Enddestillats zu gewährleisten. Duftende Heidelandschaften, neblige Täler (auf schottisch Glen; siehe auch Glenlivet, Glenfiddich, Glenfarclas), eine Nähe zum Meer und saftige Wiesen tun ihr Übriges in einem Gebiet, das geographisch eigentlich zu den östlichen Highlands zählt.

Die Speyside ist dabei weder eine politische noch verwaltungstechnische Region, sondern lediglich das Gebiet um den Fluss Spey, um der whiskyreichen Region einen eigenen Namen zu geben. Zu Recht, da diese solch namhafte Brennereien wie Aberlour, Macallan und Singleton beherbergt.

 

Wie schmeckt ein Speyside Whisky?

Kenner und Liebhaber von Scotch wehren sich oftmals gegen allzu verallgemeinernde Festschreibungen, die einen Whisky zu sehr in die eine oder andere Richtung drängen, ohne dass dessen besondere Eigenheiten gewürdigt werden würden. Doch gibt es durchaus Tendenzen der schottischen Whisky-Gegenden, die die verschiedenen Regionen voneinander unterscheiden.

Tendenziell hebt sich Whisky aus Schottland vor allem durch den Torfgehalt bzw. –gebrauch von anderen Single Malts ab. In Schottland gibt es zahlreiche Torfvorräte, die man bis heute dazu nutzt, um die Gerste zu trocknen. Je länger der Vorgang des Trocknens über Torffeuer geschieht, desto kräftiger und rauchiger das Endprodukt. Während Islay mit ihren Bruichladdichs, Ardbegs und Lagavulins als Torf-Hochburg gilt, gehört die Speyside zu jenen schottischen Regionen, die Torf deutlich sparsamer einsetzen. Eleganz, komplexe Aromen und abgerundete Finesse fallen deshalb häufig im Zusammenhang mit Speyside Whiskys.

Gerade Einsteiger oder diejenigen, die Whisky noch skeptisch gegenüberstehen, werden mit einem Speyside Scotch wie Glenfiddich und dessen charakteristischer Birnennote nichts falsch machen. Doch auch wahre Kenner rühmen die Milde im Geschmack und das edle Auftreten eines echten Speyside wie Cragganmore oder Glenfarclas. Und auch die Blended Scotchs aus der Speyside können sich mit Chivas und Co. sehen lassen.

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